Mit "Animato" Musiker wieder fit machen

An 14 Abenden im April hat der Verband Födekam den ostbelgischen Instrumentalmusikern und Sängern Online-Seminare angeboten, bei denen sie für den (hoffentlich) bevorstehenden Neustart des Vereinslebens fit gemacht werden sollten. „Animato“ hatte der Verband die Initiative genannt, die allen Musikern – unabhängig vom musikalischen Niveau – offenstand.

„Man wird bei der ersten Probe nicht einfach drauf los spielen oder singen können“, so Initiator Steven Gass bei der Planung von „Animato“. Bei Blasmusikern und Sängern hat Musizieren nicht zuletzt mit Muskelkraft zu tun, und diese Muskeln müssen nach der langen Unterbrechung wieder langsam aufgebaut werden. Die allesamt aus Ostbelgien stammenden Dozenten der Seminare haben den Teilnehmern im Vorfeld Notenmaterial zur Verfügung gestellt, mit dem über mehrere Wochen das persönliche Niveau wieder langsam gesteigert werden kann, ohne die Muskeln zu überanstrengen.

Auch wenn der Neustart des Vereinslebens noch auf sich warten lässt, wollte der Verband Födekam dieses Angebot gezielt schon jetzt machen, damit jeder der es möchte, zuhause an seiner Stimme bzw. an seinem Instrument arbeiten kann. „Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg hat es eine so lange kollektive Unterbrechung des Vereinslebens gegeben“, stellt Födekam-Verwaltungsratsmitglied Steven Gass fest. Dem Verband ist sehr bewusst, dass damit der Neustart für die Vereine - für die Musiker und besonders auch für die Dirigenten - eine sehr schwierige Herausforderung darstellt. „Mit Animato will Födekam den Vereinen und ihren Mitgliedern dabei ein wenig zu helfen versuchen“, so Steven Gass. „Projekte können wir in diesem Jahr kaum anbieten. Und wenn wieder öffentliche Veranstaltungen möglich sein werden, wollen wir als Verband nicht in Konkurrenz zu den Vereinen treten. Solche Online-Initiativen sehen wir deshalb als unsere Aufgabe“, so Steven Gass.

Die sehr positiven Rückmeldungen der Teilnehmer geben dem Verband Recht. Das zeigt auch nachstehender Bericht, den GrenzEcho-Journalist Allan Bastin verfasst hat, nachdem er als Saxofonist am „Animato“-Seminar mit Dozentin Simone Mertes teilgenommen hat.

Lockere Stimmung im Kreis der Saxofonisten

„Animato“ steht in der Musik für „belebt“, „beseelt“ oder „lebhaft“. Der Musikverband Födekam empfand die Bezeichnung für sein jüngstes Online-Seminar als äußerst passend. An 14 Abenden wurden die Instrumentalmusiker und Sänger Ostbelgiens in der Hoffnung auf einen baldigen Neustart wieder „fit gemacht“.

Die Saxofone waren gleich in der ersten Woche an der Reihe. 18 Teilnehmer lauschten gespannt den Erklärungen von Musiklehrerin Simone Mertes, die sich im heimischen Büro befand. Zum Techniktest hatte sich auch Elke Zanzen vom Verbandssekretariat angemeldet. Als dann die letzten kleinen Probleme ausgemerzt waren, konnte es endlich losgehen.

Zu Beginn durfte sich jeder Musiker vorstellen und sein Niveau einschätzen. Nicht selten blieben die Betroffenen bescheiden, wenngleich vom Anfänger über die Mittelstufe bis hin zu den Fortgeschrittenen alle Kategorien vertreten waren. Das machte gleichzeitig die Schwierigkeit für die Dozentin aus, schließlich musste sie im Vorfeld eine passende Anleitung ausarbeiten.

Auf der Suche nach der Zwerchfellatmung

Die Dokumente hatten sich die Teilnehmer bereitgelegt, sodass es sofort ans Eingemachte gehen konnte. „Ich gehe bewusst zunächst auf das Thema der Atmung ein, da dies essentiell für uns als Saxofonisten ist“, gab Simone Mertes einleitend zu verstehen. Sie werde den Abend also langsam angehen.

Auf der Suche nach der Zwerchfellatmung musste sich so mancher vor laufender Kamera verbiegen. Dass jeder die Übungen spontan mitgemacht hat, zeugt von der lockeren Stimmung, die im Kreise der Saxofonisten herrschte, obwohl sich die wenigsten Teilnehmer kannten.

Die Instrumente vieler Musiker haben seit Monaten kein Tageslicht mehr gesehen. Umso größer war die Freude, als es nach der Atmung an die ersten Töne ging. Crescendo, Decrescendo, Tonleiter, Artikulation, Technik und Intonation: Jegliche Facetten des Musizierens erfuhren eine Beleuchtung. Manches war eine Wiederholung, es wurden aber auch Entdeckungen gemacht, wie Teilnehmer Bernd Klever vom Euregio Saxophone Orchestra (ESO) im Nachhinein zugab: „Ich habe einige Sondergriffe lernen dürfen. Die Unterlagen waren wirklich gut, strukturiert und klar. Das hat mir sehr gefallen.“ Sein Lob geht an den Musikverband und Simone Mertes: „Sie hat das wirklich gut gemacht. Wir sind die Blätter zügig durchgegangen und haben das Saxofon nochmals von A bis Z kennengelernt. Ich habe mich sehr über die Initiative von Födekam gefreut.“ Das ESO ist zwar kein Mitglied im Musikverband, doch stand das Online-Seminar jeglichen Musikern aus Ostbelgien offen.

Auch Anne-Michelle Mollers vom Kgl. Musikverein „Harmonie“ Honsfeld zeigte sich angetan: „Der Workshop war eine gute Möglichkeit, das Saxofon nochmal auszupacken und zu spielen. Die Gruppe und die Animatorin haben mich sehr motiviert, dies in Zukunft häufiger zu tun und die zahlreichen Übungen anzuwenden.“

Am Ende ging die Puste aus

Manch einem ging in Richtung Ende die Puste aus. Auch meldeten sich schmerzende Lippen, was nicht verwunderlich ist, schließlich geht eine mehrmonatige Pause nicht unbemerkt am Körper vorbei. Simone Mertes wiederholte immer wieder, dass eine kurze Pause in solchen Momenten nicht verkehrt sei, damit die Körperteile nicht gleich überstrapaziert werden. Die Lehrerin der Musikakademie zeigte sich mit dem Verlauf zufrieden: „Mein Ziel war es, jeden Punkt anzusprechen. Ich hatte ein nachhaltiges Dokument vorbereitet, das sich die Teilnehmer im Nachhinein hoffentlich regelmäßig anschauen. Vom Niveau her war es vielleicht für manche Musiker etwas zu leicht, andere jedoch hatten ihre Schwierigkeiten. Es sollte einfach für alle etwas dabei sein.“ Einige Fragen wurden gestellt, jedoch hätte sie sich ab und zu mehr Feedback gewünscht. „Wenngleich ich es verstehen kann, dass sich in diesem Rahmen nicht jeder zu Wort melden möchte.“

Simone Mertes hat das Glück, bei ihrer Arbeit in der Musikakademie noch täglich Saxofon spielen zu dürfen. Doch hofft sie ebenso wie die Teilnehmer des Online-Seminars „Animato“, dass das Vereinsleben bald wieder auferstehen darf. „Es fehlt einfach“, sind sich alle einig.