Sie sitzen am Euphonium-Pult nebeneinander - Deyan ist 13, Richard 78

Deyan Dethier ist 13 Jahre alt, Richard Scheiff 78. Beide spielen das gleiche Instrument, die gleiche Stimme, sitzen im Musikverein Kettenis bei Proben und Konzerten nebeneinander am Euphonium-Pult und teilen die gleiche Leidenschaft für das Hobby Musik. Der einzige Unterschied zwischen den beiden ist eigentlich der Altersunterschied von 65 Jahren! Wo gibt es so etwas außer im Musikverein?

Die Anfänge: DEYAN

Deyan hat im Alter von sechs Jahren mit der Musik angefangen, inspiriert von seiner Mutter Lydia und seinem Opa Roland, die beide in der Kgl. Harmonie Kettenis aktiv sind – Mama an der Klarinette, Opa an der Tuba. Notenlehre und die ersten Schritte am Instrument absolvierte er in Dolhain, wo Robert Ortman, Dirigent der Ketteniser Harmonie, unterrichtete. Dem Notenlehre-Unterricht folgte Deyan an der Welkenraedter Akademie, und er hat weiterhin Instrumentalunterricht – inzwischen im achten Jahr - bei Robert Ortman, jetzt über die Akademie Verviers. Außerdem stehen seit kurzem noch Kammermusik in Welkenraedt und Klavierunterricht in Verviers auf dem Programm des talentierten Jungmusikers. Im Ketteniser Jugendorchester ist er seit 2017 Mitglied, in der großen Ketteniser Harmonie spielt er seit 2020 mit. Und auch bei vereinsübergreifenden musikalischen Initiativen, wie etwa dem „Play-In Junior Edition“, ist er gerne und regelmäßig dabei.

Die Anfänge: RICHARD

Richard, geboren an dem gut zu merkenden Datum 4.4.1944, hat im Alter von 15 Jahren mit der Musik angefangen. Von Musikschule war damals natürlich noch keine Rede. Den ersten „Unterricht“ erteilte der damalige Dirigent des Musikvereins, Klaus Niessen. „Der war zwar Streicher und konnte selber kein Blasinstrument spielen, aber er hat uns die Griffe beigebracht, und den Rest habe ich alleine bzw. im Verein gelernt“, sagt Richard. „Ein halbes Jahr Unterricht, dann konnte ich genug, um im Verein mitspielen zu können“, erinnert er sich. Noch eine Erinnerung hat Richard an diese Anfangsjahre: „Wenn die Prozession ging und ich beim Musikverein mitspielte, dann gab mein Vater mir zuhause im landwirtschaftlichen Betrieb einen freien Tag. Und wenn mein Bruder einen Auftritt mit dem Kirchenchor hatte, dann galt das für ihn auch, dann musste ich eben umso mehr im Stall arbeiten.“ Sein Instrument hat er übrigens eher zufällig ausgesucht: zuerst Flügelhorn bzw. Trompete, später dann, als die Zähne nicht mehr mitmachten, sein „Tenorhörnchen“, wie er liebevoll sagt.

RICHARD: „Stücke mit Remmi-Demmi“

Welche Stücke spielst du am liebsten? „Am liebsten mache ich Straßenmusik und ich finde es schade, dass es immer weniger Festzüge gibt“, sagt Richard. Und er erinnert sich daran, was in seinen Anfangsjahren gespielt wurde: die Märsche des Raerener Komponisten Willy Creutz, aber auch Stücke wie „Das Rehlein im Tannenwald“ oder „Die Sänger vom finst’ren Walde“. Auf die Frage, was er heute am liebsten spielt, kommt Richards Antwort spontan: „Stücke mit Remmi-Demmi“, Und dann schwärmt er von seiner 20-jährigen Mitgliedschaft in der Eupener Bayernkapelle und den zahlreichen stimmungsvollen Auftritten.

DEYAN: „Hymnen, die so richtig gut klingen“

Deyan muss auf die Frage nach seinen Lieblingsstücken etwas länger nachdenken. Dann antwortet er: „Ich spiele sehr gerne Filmmusik und ich mag Hymnen, die bei uns so richtig gut klingen.“ Während sein Kollege Richard mit Arbeit und Musik sein Leben lang völlig ausgelastet war, ist bei dem Jungmusiker noch Zeit für andere Hobbys: Bei der katholischen Landjugend ist er dabei, er macht bei der Filmwerkstatt mit und spielt Badminton.

Das Umfeld

Deyan und Richard wohnen beide in Kettenis, nur etwa einen Kilometer voneinander entfernt. Am Euphonium-Pult der Harmonie bilden sie zusammen mit „Olly“ Karl-Heinz Orban ein „tolles Trio“, wie beide immer wieder betonen.

Im Hause Dethier ist Musik allgegenwärtig, denn auch Deyans Bruder Yanni (10) und seine Schwester Elyna (12) sind an Posaune bzw. Fagott im Jugendorchester bzw. im Musikverein aktiv. Als Mama Lydia mit der Klarinette anfing und ihr Vater Roland gefragt wurde, die Vereinsfahne zu tragen, war dessen Antwort eindeutig: „Nein, dann lerne ich lieber selber auch ein Instrument.“ So kommt es, dass heute drei Generationen der Familie in der Harmonie aktiv sind: „Mit Opa zusammen musizieren ist Klasse“, sagt Deyan, und fügt lächelnd hinzu, dass Mama „auch schonmal etwas strenger“ ist.

Richard, was gefällt dir an der Harmonie? Und was hältst du von Deyan?

„In der Harmonie mag ich vor allem die Geselligkeit. Es gefällt mir, wenn wir so richtig Stimmung machen“, sagt Richard. Und von Deyan hat er eine ganz hohe Meinung: „Er ist lieb, freundlich, höflich und gut erzogen.“ Musikalisch hält Richard sich an seinen Pultnachbarn Olly und Deyan fest, vor allem wenn neue Stücke einstudiert werden. „Wenn die beiden falsch spielen, dann spiele ich auch falsch“, sagt er lachend. Und noch etwas: Deyan bringt dem 65 Jahre älteren Richard ein wenig Englisch bei. „Ich weiß ja sonst gar nicht, wie man die Titel unserer Stücke ausspricht und was sie bedeuten“, sagt er.

Deyan, was gefällt dir an der Harmonie?

„Eigentlich alles“, lautet seine Antwort. Und er fügt hinzu, dass die Harmonie mit Robert Ortman einen tollen Dirigenten hat. „Ja, das stimmt. Robert ist ein Super-Mensch und er kann vor allem mit den jungen Musikern hervorragend umgehen“, fügt Richard hinzu.

Deyan, was gefällt dir an Richard?

„Richard ist witzig, mit ihm hat man immer etwas zu lachen“, sagt der 13-Jährige. „Wir verstehen uns wirklich gut“, sagt er über seinen 78-jährigen Pultnachbarn. Und noch ein Satz aus seinem Mund: „Ich hoffe, dass ich auch immer noch Musik mache, wenn ich 78 Jahre alt bin.“