Eine Fernsehshow in den frühen 1980er Jahren. Die Corona-Pandemie. Und die Motivation unserer Vereine im Hinblick auf kulturelle und soziale Ziele. Zwischen diesen Themen schlägt Födekam-Redaktionsmitglied Arnold Reuter einen breiten Bogen von Überlegungen, Gedanken und anregenden Ideen.

Wie es damals war

Die älteren Musiker und Sänger unserer Vereine erinnern sich bestimmt noch an eine beliebte Fernsehunterhaltungsshow, die von 1977 bis 1986 von dem erfolgreichen Showmaster Joachim Fuchsberger am Samstagabend präsentiert wurde und immer wieder für hohe Einschaltquoten sorgte. Nach dem Motto „Auf Los geht’s los“ (Titel der Sendung) war immer beste Unterhaltung angesagt. Die Begeisterung bei den Zuschauern war vielfach so groß, dass diese kaum verstehen konnten, dass die Show plötzlich wieder vorbei war. Womit aber die Vorfreude auf den nächsten Samstagabend mit Showmaster Joachim Fuchsberger neu garantiert war.

Fernsehen in den frühen Achtzigern, also vor rund 40 Jahren. Damals wurde in unseren Chören, Musikvereinen und Ensembles auch schon intensiv geprobt, nicht selten noch am Samstagabend mit Beginn des Wochenendes. Das Fernsehen war in dieser Zeit - mehr noch als heute - eine große Konkurrenz für unser aktives Amateurvereinsleben. Man musste sich auch damals schon, genau wie heute, manchmal selbst überwinden und einen Ruck geben, um zeitig und mit Begeisterung auf der Vereinsprobe zu erscheinen.

Im Bewusstsein vieler überzeugter Musiker und Sänger von damals sollten der Stellenwert und die Daseinsberechtigung des Kirchenchors oder des Dorfmusikvereins aber nicht in Frage gestellt werden. Dafür waren sie einfach zu tief in den kirchlichen und weltlichen Dorfaktivitäten und Festivitäten verankert. Hatte man sich einmal überwunden und war man in den Vereinsreihen unter der musikalischen Leitung eines motivierenden Dirigenten bei der Probe voll dabei gewesen, war man am Ende - nach geselligem Abschluss - froh, dem Fernsehvirus getrotzt zu haben.

Das nächste Zeltfest, die baldige Dorfprozession, die Kirmes, ein Frühschoppen oder gar ein Konzertauftritt im Auftrag des RdK (Rat der deutschen Kulturgemeinschaft) standen an. Und immer war man, wie es sich gehört, gut vorbereitet.

 

Wie es kam

Nun haben sich die Zeiten und das allgemeine Selbstverständnis unserer Amateurkunstvereinigungen nach 40 Jahren und erst recht nach den zwei letzten davon wesentlich verändert. Das Fernsehen spielt nicht mehr seine Rolle von damals. Unsere Proben finden oft nicht mehr am Samstagabend statt, der inzwischen meist anders besetzt ist. Unsere beruflichen und schulischen Verpflichtungen haben sich sowohl zeitlich wie inhaltlich und methodisch verschoben. Die Dorfgemeinschaften und Pfarrgemeinden bilden nicht mehr wie früher die auf sich gestellten, d.h. sich materiell, kulturell und spirituell selbst versorgenden Einheiten von damals. Sie haben ihre eher kleiner gestrickten Strukturen zu Gunsten größerer Zusammenschlüsse aufgegeben, haben ihre Kontakte intensiviert und sind insgesamt aufgeschlossener und meistens auch kooperativer geworden.

Nun hat ganz zuletzt eine völlig unerwartete sanitäre Katastrophe in der Form einer Pandemie unser gewohntes gesellschaftliches Leben besonders stark ausgebremst und verändert. Und gerade die kulturellen Aktivitäten, auch im Amateurbereich, sind davon nachhaltig betroffen.

 

Wo wir stehen

Heute scheinen wir an einem Punkt angekommen zu sein, wo wir nach einer Vollausbremsung unserer Vereinsaktivitäten wieder langsam Fahrt aufnehmen können. Es kann vorsichtig und behutsam wieder geplant werden. Wobei die Frage nach der Starthilfe und den Ressourcen, die dafür nötig sind, nicht zu unterschätzen ist.

Finanzielle Hilfe ist seitens unserer Deutschsprachigen Gemeinschaft zum Glück nicht ausgeblieben. Dafür können wir nur dankbar sein. Aber, wie immer schon, stehen finanzielle Mittel erst bereit, um ein Vorhaben in Form einer kulturellen Routine, einer kulturellen Orientierung oder eines besonderen kulturellen Projektes zu unterstützen. Wobei sofort die Frage im Raum steht: Welche Routine wollen wir beibehalten und welche Ziele und Projekte können wir aus der heutigen Perspektive heraus neu auf den Weg bringen? Wie können wir uns mit welchen Ideen und finanziellen Mitteln zu deren Verwirklichung und vor allem zusammen mit den dazu bereitstehenden Sängern und Musikern nachhaltig in die Zukunft hinein orientieren?

 

Was wir brauchen

Vergangenen Zeiten ewig nachzutrauern, bringt uns nicht weiter. Eine sich ausbreitende allgemeine Lustlosigkeit unaufhörlich zu beklagen, auch nicht. Und das viel zitierte und alles totschlagende Argument, „keine Zeit (mehr) dafür zu haben“, lässt uns definitiv im Stich. Sollten wir uns nicht endlich mal die Frage stellen, wofür wir uns denn noch Zeit nehmen wollen. Täte eine Integration in einem gut funktionierenden Amateurverein uns nicht gut? Wie könnten wir uns dort bei einer befreienden kulturellen Aktivität (weiter) einbringen, daran Spaß haben und dabei auch Geselligkeit erleben, nach zwei Jahren Abstinenz von eigentlich schönen Erfahrungen, stolzen Erfolgen und liebgewonnenen Gewohnheiten?

Das alles mag leichter gesagt sein als getan. In der Tat muss ein Ruck durch uns durchgehen, um uns wieder zu motivieren, uns neu aufzustellen und uns gegenseitig aufzubauen im Hinblick auf kulturelle und soziale Ziele, deren Daseinsberechtigung - auch wollte der Umgang mit einer Pandemie uns da womöglich eines Besseren belehren - überhaupt nicht in Frage gestellt werden darf.

Um diese Überzeugung einmal mehr hervorzuheben, möchte ich in diesen Beitrag ein Schlusswort einfügen, das vor genau zehn Jahren am Ende einer konstruktiv verlaufenen Generalversammlung gesprochen wurde und heute genauso aktuell ist wie damals:

„Wenn es vielen kulturtragenden Vereinen in der heutigen Zeit, und insbesondere in letzter Zeit, nicht besonders gut geht, dann hat dies bestimmt auch mit gesellschaftlichen Veränderungen zu tun, die alte, traditionelle Selbstverständlichkeiten des Vereinslebens insgesamt in Frage stellen. Das macht sich nicht nur anderswo, sondern auch bei uns bemerkbar.

  • Was bieten wir unseren Musikern an?
  • Wie motivieren wir die Jugend für den Verein?
  • Wie kommen wir an interessante Konzerte?
  • Welche Traditionen sollen wir beibehalten? Welche nicht? Was sollen wir für uns daraus machen?
  • Wie präsentieren wir unsere kulturelle Tätigkeit in der Öffentlichkeit, um mit Interesse wahrgenommen zu werden?
  • Welchen Trends möchten wir folgen? Welchen nicht?
  • Was bieten wir - außer Musik - unseren Vereinsmitgliedern an, um die Vereinsgemeinschaft auch außermusikalisch zu fördern?
  • Was haben wir richtig gemacht? Was haben wir falsch gemacht? Was müssen wir daraus lernen?

Im heutigen Fahrwasser Orientierung zu behalten, ist gewiss nicht immer leicht. Vieles oder zumindest einiges, was man anpackt, gelingt und kommt an, anderes weniger oder gar nicht. Deshalb ist es heute wichtiger denn je, gut aufeinander zu hören, Verständnis füreinander zu haben und wohlüberlegt zusammenzuhalten, um die richtigen Ziele abzusprechen und sie in guter Teamarbeit durchzuführen. In diesem Sinne wünsche ich (...) jedem, der sich als Musiker oder Musikerin oder in welcher Funktion auch immer für unseren Verein einsetzt, dass er sich – unterm Strich – in diesem Verein auch wohlfühlt. Auf dass es so sein möge.“

 

Das ist sicher

Nach dem tiefen Einschnitt durch die Corona-Pandemie sind offensichtlich so- wieso im Raum stehende Fragen nur noch aktueller und akuter geworden. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Im Bewusstsein, dass die Pandemie nicht plötzlich an allem schuld ist, müssen wir uns den überfälligen Fragen nun stellen und Lösungen finden, damit es auf Los wieder losgehen kann.

Warum soll das nicht gelingen?

Dass es auf Biegen und Brechen, komme was da wolle, bestimmt nicht gelingt, dürfte klar sein. Versuchen wir es deshalb mit Klugheit und Bedacht, bescheiden und in Absprache mit allen Beteiligten. Ziel- orientierte Teamarbeit ist angesagt.